Pressenotiz 05/2003
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Pressenotiz 05/2003 vom 16. Juli 2003
Nachtleuchtende Wolken, im englischen als Noclilucent oder Polar Mesospheric Clouds (PMC) bezeichnet, entstehen in den Sommermonaten in hohen geographischen Breiten, wenn die Temperatur der oberen Mesosphäre auf unter ca. -130°C fällt und genügend Wasserdampf vorhanden ist. Diese Wolken sind sehr dünn, so dass sie bei Tageslicht nicht beobachtbar sind. Aufgrund ihrer großen Höhe von 82,5 km werden sie aber von der Sonne beleuchtet, wenn es am Boden und in unteren Atmosphärenschichten längst dunkel ist. Sie können in manchen Sommern auch von Norddeutschland aus beobachtet werden. Erstaunlicherweise wurden Nachtleuchtende Wolken offenbar niemals vor dem Ende des 19. Jahrhunderts beobachtet. Es wird deshalb vermutet, dass sie Vorboten eines klimatischen Wandels sind.
In einer Studie, an der neben Forschern des Naval Research Laboratories, der Universität Wuppertal und des Leibniz-Instituts für Atmosphärenphysik auch Mitarbeiter des Max-Planck-Instituts für Aeronomie beteiligt waren, konnte gezeigt werden, dass Abgase des Space Shuttle Haupttriebwerks, die nahezu vollständig aus Wasserdampf bestehen, PMCs erzeugen können. Nach dem Start in Cape Canaveral verbrennt das Space Shuttle während des Aufstiegs zwischen ca. 108 und 114 km Höhe, d.h. in der unteren Thermosphäre über 300 Tonnen Wasserstoff und Sauerstoff. Dabei bildet sich eine ca. 1100 km lange Abgasfahne, die in den Sommermonaten durch starke Winde nach etwas mehr als einem Tag in polare Regionen geweht wird, mit ca. 4-5 km pro Tag in die kühlere Mesopause absinkt und nach mehreren Tagen Eiswolken bildet. Die Abgasfahne konnte von einem Mikrowellenspektrometer des MPAE, das auf einer Insel in Nordnorwegen stationiert ist identifiziert werden. Normalerweise misst dieses Instrument die Wasserdampfverteilung in der sehr trockenen mittleren Atmosphäre zwischen ca. 30 und 85 km Höhe. Über 85 km ist Wasserdampf normalerweise nicht mehr nachweisbar. Die Messung der Space Shuttle Abgasfahne stellt gleichzeitig die erste direkte Messung von Wasserdampf in der unteren Thermosphäre dar. Mittlerweile konnte auch die Abgasfahne einer anderen Trägerrakete detektiert werden. Selbst wenn nur ein kleiner Teil der Raketenstarts PMCs generierten, so könnte dies einen signifikanten Einfluss auf die Statistik von PMC-Beobachtungen haben. Schlussfolgerungen auf Klimaschwankungen anhand von PMC-Trendanalysen sollten deshalb den Einfluss von Weltraumverkehr berücksichtigen.
Dr. Paul Hartogh
http://www.nrl.navy.mil/pressRelease.php?Y=2003&R=35-03r
http://www.analemma.de/deutsch/noctclds.html
http://www.meteoros.de/nlc/nlc.htm
http://www.meteoros.de/news/news13.htm
© 2006, Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung, Lindau |
Dr. Bernd Wöbke 16-07-2003 |