STARTSEITE
Max-Planck-Gesellschaft Startseite
MPS Eingangsseite  

Über das Institut

Aktuelles und
Ankündigungen

Forschung
Arbeitsgebiete
Mitarbeiter

Institutsprojekte
Forschungsgruppen

Publikationen

Research School IMPRS

Services

Pressenotiz 7/2013
/ de / aktuelles / pressenotizen /

Pressenotiz 7/2013 - 8. Mai 2013

... und jetzt zum Marswetter

Im Norden des roten Planeten treten Schneefälle mit großer Verlässlichkeit auf.

Schneeschauer, die im eisigen Winter auf die Nordhalbkugel des Mars niedergehen, könnten sich mehrere Wochen im Voraus vorhersagen lassen. Zu diesem Ergebnis kommen Forscher der Tohoku Universität im japanischen Sendai und des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung (MPS) in Katlenburg-Lindau. Die Rechnungen zeigen erstmals, dass diese Schneefälle mit einem besonderen Wetterphänomen auf dem Mars zusammenhängen: Schwankungen in Druck, Temperatur, Windstärke und -richtung, die sich auf der Nordhalbkugel im Winter wellenartig ausbreiten und sehr verlässlich auftreten. Für Marsmissionen, die diese Regionen mit Rovern erforschen wollen, böten solche Wettervorhersagen die Möglichkeit, heftige Schneeschauer auf der Fahrtroute auszuschließen.

Die Polarregionen des Mars sind eine eisige Welt. Ähnlich wie die der Erde sind sie von geschlossenen Eiskappen bedeckt. Im Winter, wenn die Temperaturen unterhalb von -128 Grad Celsius sinken, speist sich diese Eisschicht in erster Linie aus gefrorenem Kohlendioxid, das sich aus der Atmosphäre niederschlägt. Die Eiskappen erstrecken sich dann bis zu einer nördlichen Breite von etwa 70 Grad. Nur im vergleichsweise warmen Marssommer sublimiert das Kohlendioxid und legt das "ewige Eis" des Planeten frei: eine deutlich kleinere Kappe aus gefrorenem Wasser.

"Das saisonale Eis des Mars, das nur im Winter auftritt, hat zwei Ursprünge", erklärt Dr. Paul Hartogh vom MPS. "Ein Teil des Kohlendioxids aus der Atmosphäre kondensiert direkt an der Oberfläche - ähnlich wie sich auf der Erde bei klarem, kalten Wetter eine Frostschicht bildet. Ein anderer gefriert in der Atmosphäre zu winzigen Eiskristallen, die Wolken bilden, und fällt als Schnee herunter", ergänzt er. In ihrer neuen Studie konnten die Forscher nun erstmals eine Verbindung herstellen zwischen dem Auftreten solcher Eiswolken und einem wellenartigen Wetterphänomen, bei dem sich Druck, Temperatur, Windrichtung und -stärke periodisch ändern.

 

Abbildung 1: Im Winter bedeckt eine Schicht aus gefrorenem Kohlendioxid den Nordpol des Mars. Diese speist sich zu etwa 50 Prozent aus Kohlendioxid-Schnee, der aus Eiswolken in der Atmosphäre auf die Oberfläche fällt. Die Aufnahme stammt von der NASA-Raumsonde Mars Reconnaissance Orbiter und wurde 2006 aufgenommen.
(Foto: NASA)

 

"Dieses Wetterphänomen ist auf dem Mars einzigartig", sagt Dr. Alexander Medvedev vom MPS. Zwar kommen die so genannten planetaren Wellen auch in der irdischen Meteorologie vor. Doch sind zum einen die Druck- und Temperaturschwankungen in der unteren Atmosphäre hier deutlich schwächer. Zum anderen sind sie weniger regelmäßig; der Wellencharakter ist weniger stark ausgeprägt. "Auf der Nordhalbkugel des Mars treten diese Wellen in der Zeit von Herbst bis Frühling mit bemerkenswerter Verlässlichkeit auf", ergänzt der Physiker. Sie breiten sich ostwärts aus und zeigen dabei eine feste Periode von fünf bis sechs Tagen. Nahe an der Oberfläche lassen sich zusätzlich Wellen mit höherer Frequenz beobachten.

Die planetaren Wellen sorgen dafür, dass die Temperaturen in der Marsatmosphäre regelmäßig um Werte deutlich unter -128 Grad Celsius schwanken. Dies ist die Temperatur, bei der gasförmiges Kohlendioxid gefriert. Die Rechnungen der Forscher zeigen nun, dass überall dort, wo die Temperaturen entsprechend tief fallen, winzige Eiskristalle aus gefrorenem Kohlendioxid entstehen und Eiswolken bilden. "Die Eiswolken treten nördlich von 70 Grad nördlicher Breite in allen Luftschichten bis zu 40 Kilometern Höhe auf", sagt Hartogh. Unterhalb von 20 Kilometern fallen die Kristalle als Schnee auf die Oberfläche.

"Damit es zu solchen Schneefällen kommen kann, müssen die periodischen Temperaturänderung in allen Höhen der Atmosphäre ähnlich verlaufen", so Medvedev. Dies ist nur unterhalb von etwa 20 Kilometern Höhe gegeben. Anderenfalls treffen die Schneekristalle auf ihrem Weg nach unten auf wärmere Luftschichten - und sublimieren. Besonders in einer Region auf der Nordhalbkugel zwischen 30 Grad West und 60 Grad Ost sind diese Voraussetzungen erfüllt. Aufnahmen von Weltraumteleskopen und Raumsonden zeigen, dass sich in diesem Gebiet die Schicht aus gefrorenem Kohlendioxid besonders weit in den Süden erstreckt. Die Berechnungen der Forscher legen nahe, dass insgesamt etwa die Hälfte des saisonalen Eises als Schnee auf die Oberfläche fällt.

Für ihre Simulationen nutzten Dr. Takeshi Kuroda von der Tohoku Universität und seine Kollegen am MPS ein gängiges Klimamodell, das sie an die speziellen Bedingungen auf dem Mars anpassten. "Die Rechnungen müssen vor allem die große Menge an Staub berücksichtigen, der sich in der Atmosphäre des roten Planeten findet", erklärt Kuroda, der am MPS promovierte und bis 2009 dort forschte. Zudem besteht die Marsatmosphäre - anders als die der Erde - zu mehr als 95 Prozent aus Kohlendioxid. Ein Vergleich der berechneten Temperaturen und Eiskristalldichten mit Messdaten der NASA-Raumsonde Mars Reconnaissance Orbiter zeigte gute Übereinstimmungen.

Nach Ansicht der Forscher könnten die neuen Erkenntnisse helfen, Kohlendioxid-Schneeschauer auf dem Mars vorherzusagen. "Aus eigener Erfahrung weiß jeder, dass auf der Erde verlässliche Wettervorhersagen nur für eine Zeitspanne von fünf bis maximal sieben Tagen möglich sind", so Medvedev. "Es ist schlicht unmöglich zu berechnen, ob es irgendwo auf der Erde in 20 oder 40 Tagen schneien wird". Auf dem Mars ist dies anders. Die Rechnungen der Forscher zeigen, dass sich in bestimmten Regionen auf der Nordhalbkugel des roten Planeten Schneefälle weit im Voraus bestimmen lassen. "Für Marsmissionen, die beispielsweise mit Rovern diese Gebiete erforschen wollen, ist dies eine wertvolle Information", so Hartogh. Denn so ließen sich etwa die Fahrtrouten bereits vorab so planen, dass der Rover heftigen Schneefällen ausweicht.


Originalveröffentlichungen

Takeshi Kuroda, Alexander S. Medvedev, Yasumasa Kasaba, and Paul Hartogh:
Carbon dioxide ice clouds, snowfalls, and baroclinic waves in the northern winter polar atmosphere of Mars
Geophysical Research Letters, Vol. 40, 1-5, 29. April 2013

Der Artikel wird besprochen in:
Snow storms on Mars
Nature Geoscience, Vol. 6, Mai 2013, Seite 330


Kontakt

Dr. Birgit Krummheuer
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung
Max-Planck-Straße 2
37191 Katlenburg-Lindau
Tel.: 05556 979 462
Fax: 05556 979 240
Mobil: 0173 3958625
Email: krummheuer@mps.mpg.de

Dr. Paul Hartogh
Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung
Max-Planck-Straße 2
37191 Katlenburg-Lindau
Tel.: 05556 979 342
Fax: 05556 979 240
Email: hartogh@mps.mpg.de

Dr. Alexander S. Medvedev
Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung
Max-Planck-Straße 2
37191 Katlenburg-Lindau
Tel.: 05556 979 314
Fax: 05556 979 240
Email: medvedev@mps.mpg.de

top  Top Presseinfo, 08-05-2013 drucken   Druckbares Layout
© 2009, Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung, Lindau Impressum