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Pressenotiz 2/2004 vom 12. Mai 2004
Der "Dynamo der Erde" arbeitet effizienter als bisher angenommen
Max-Planck-Wissenschaftler haben bisherige Vorstellungen korrigiert,
wie viel Energie benötigt wird, um das Magnetfeld der Erde zu erzeugen
Das Magnetfeld der Erde entsteht im flüssigen äußeren Eisenkern der
Erde in etwa 3.000 Kilometer Tiefe. Durch den Wärmefluss vom Erdkern
in den Gesteinsmantel setzt sich das flüssige Eisen in Bewegung,
ähnlich wie Wasser in einem geheizten Kochtopf. Diese Bewegungen des
elektrisch leitenden Eisens führen zum so genannten Dynamo-Effekt:
Elektrische Ströme werden induziert, deren Magnetfeld wir an der
Erdoberfläche beobachten. Ulrich Christensen vom Max-Planck-Institut
für Aeronomie in Katlenburg-Lindau und Andreas Tilgner vom Institut
für Geophysik der Universität Göttingen haben jetzt an Hand von
Computersimulationen und Laborexperimenten gezeigt, dass für den
Betrieb des Geodynamos "nur" die Energie von einigen Hundert großen
Kraftwerken benötigt wird, wesentlich weniger als bisher angenommen
(Nature, 13. Mai 2004). Diese Energie stammt von der seit der
Erdentstehung in ihrem Kern gespeicherten Wärme. Diese Wärme wird so
langsam abgegeben, dass der durch Ausfrieren des flüssigen Eisens
entstehende innere Erdkern bereits über 3 Milliarden Jahre alt sein
könnte - nicht viel jünger als die Erde selbst. Dieser Befund stimmt
mit dem Nachweis einer Magnetisierung in ebenso alten Gesteinen
überein.
Unsere Erde ( Radius: 6.370 Kilometer oder Durchmesser 12.740 km)
beherbergt eine Reihe von Naturphänomenen, darunter auch das
erdmagnetische Feld, das man vor allem dadurch registrieren kann, dass
sich eine frei bewegliche Magnetnadel in eine ganz bestimmte Richtung
ausrichtet. Nach den gängigen Theorien ist dafür ein
Dynamo-Mechanismus im flüssigen Eisenkern verantwortlich: Strömungen
elektrisch leitender Materie rufen beim Durchqueren eines vorhandenen
schwachen Magnetfeldes durch Induktion elektrische Ströme hervor, die
ihrerseits wieder Magnetfelder erzeugen, so dass ein wechselseitiges
Hochschaukeln eintritt und messbare Magnetfeldstärken auftreten.
Doch wie viel Energie ist tatsächlich erforderlich, um einen solchen
"Geodynamo" zu betreiben? Um diese Frage zu beantworten, haben die
Wissenschaftler jetzt Computermodelle des Geodynamos mit Ergebnissen
aus Laborexperimenten kombiniert. Ihre Computersimulationen können die
Stärke, die zeitliche Veränderung und die großräumige Struktur des an
der Erdoberfläche beobachteten Magnetfeldes gut erklären. Doch für den
Energiebedarf sind die im Erdkern vorhandenen kleinen Strukturen des
Magnetfeldes entscheidend, die sich unserer Beobachtung allerdings
entziehen. Ob sie in den Computermodellen richtig wiedergeben werden,
ist also zunächst unsicher, denn die Simulationen erfassen nur den
großräumigen Anteil der Flüssigkeitsbewegung. Die kleinen Wirbel, die
in der turbulenten Strömung des Erdkerns zu erwarten sind, müssen
durch Annahme einer zu hohen Zähigkeit unterdrückt werden, um die
Modelle praktikabel zu halten.
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Abbildung 1: Das Magnetfeld der Erde in einer Computersimulation. Blaue Farbtöne zeigen einen "magnetischen Fluss" nach außen, rote Farbtöne einen Fluss nach innen. An der Oberfläche des Erdkerns (unten) ist das Magnetfeld viel kleinräumiger und komplexer als an der Erdoberfläche (oben).
(Bild: Max-Planck-Institut für Aeronomie)
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Um zu klären, welchen Einfluss nun die kleinen Wirbel haben, nutzten
die Geoforscher das so genannte Karlsruher Dynamo-Experiment. In
diesem Versuchsaufbau (s. Abb. 2) strömt flüssiges Natrium durch ein
System von Kanälen, die zu einem metergroßen Zylinder zusammengefügt
sind. Ist die Pumprate hoch genug, springt der Dynamo an und erzeugt
ein Magnetfeld, das etwa 100 Mal stärker ist als das der Erde. Im
Gegensatz zur Computersimulation ist die Strömung hierbei turbulent,
umfasst also auch die Wirbelkomponente. Der Leistungsbedarf des
experimentellen Dynamos passt sich gut in die aus den Modellen
abgeleitete Systematik ein. Die Wirbel haben demnach keinen
entscheidenden Einfluss auf die elektrische Verlustleistung. Die
Computermodelle können somit zur Schätzung der Energiemenge benutzt
werden.
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Abbildung 2: Im Karlsruher Dynamo-Experiment wird flüssiges Natrium durch ein Röhrensystem gepumpt, um einen Geodynamo künstlich zu erzeugen.
(Bild: Kernforschungszentrum Karlsruhe)
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Der Energiebedarf des Geodynamos beträgt nach den neuen Modellen etwa
200.000 bis 500.000 Megawatt, was in etwa der Leistung von einigen
Hundert Großkraftwerken entspricht. Verglichen mit früheren
Schätzungen ist das relativ moderat. Daraus schlussfolgern die
Wissenschaftler, dass es keiner besonderen Wärmequelle im Erdkern
bedarf und dass der Dynamo offensichtlich durch die langsame Abgabe
der seit der Erdentstehung im Kern gespeicherten Wärme betrieben
wird. Mit der Abkühlung friert das flüssige Eisen aus. Dadurch wächst
der feste innere Erdkern. Nach den bisherigen Annahmen wäre die
Abkühlung sehr rasch erfolgt, so dass der feste innere Erdkern sich
überhaupt erst vor einer Milliarde Jahre, also erst im letzten Viertel
der Erdgeschichte gebildet hätte. Das aber stand im Widerspruch zu
Befunden aus alten Gesteinen, aus deren Magnetisierung man schließen
kann, dass das Erdmagnetfeld schon viel länger besteht. Nach den neuen
Berechnungen erfolgte die Abkühlung jedoch sehr langsam, so dass der
innere Kern bereits über drei Milliarden Jahre alt ist, nicht viel
jünger als die Erde insgesamt.
Das Projekt wurde im Rahmen des Schwerpunktprogramms "Erdmagnetische
Variationen" der Deutschen Forschungsgemeinschaft sowie durch die
Max-Planck-Gesellschaft gefördert.
Originalveröffentlichung
Christensen, U.R., Tilgner, A.
Power requirement of the geodynamo from ohmic losses in numerical and
laboratory dynamos
Nature, 13 May 2004
Ansprechpartner
Prof. Ulrich Christensen
Max-Planck-Institut für Aeronomie
Tel. 05556 979 - 542 / - 467
Fax: 05556 979 - 219
E-Mail: christensen@linmpi.mpg.de
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