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Pressenotiz 7/2004 vom 26. Juni 2004
Bremsmanöver Cassini
Vollbremsung im Weltall nach sieben Jahren Flugzeit.
Amerikanisch-europäische Sonde Cassini-Huygens schwenkt am 1. Juli auf
Saturnumlaufbahn ein.
Zahlreiche deutsche Wissenschaftler an der Erforschung des riesigen
Gasplaneten und seiner Monde beteiligt.
Berlin/München - Am 15. Oktober 1997 gestartet, rast die
amerikanisch-europäische Planetensonde Cassini-Huygens seit fast
sieben Jahren durch das Weltall Richtung Saturn. Rund 3,5 Milliarden
Kilometern hat sie auf dieser Reise zurückgelegt und dabei zwei nahe
Vorbeiflüge, so genannte Swing-by-Manöver, an Venus und jeweils eines
an Erde und Jupiter gemacht.
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Abbildung: Künstlerische Darstellung der Raumsonde Cassini im Saturnsystem.
(Bild: NASA/JPL)
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Nun, Mitte 2004, hat die Sonde ihr Ziel, den riesigen Gasplaneten
Saturn, fast erreicht. Um ihn und seine Monde genauer erforschen zu
können, muss sie ihre momentane Geschwindigkeit von 21.000 Kilometer
pro Stunde deutlich verringern, um in eine Umlaufbahn einschwenken zu
können: "Was nun am 1. Juli 2004 am Saturn passieren soll, kommt
einer Vollbremsung im Weltall gleich", erklärte Ralf Jaumann vom
Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), der
als Mitglied des Spektrometer-Teams auf Cassini wesentlich an dem
internationalen Forschungsprojekt beteiligt ist. In den letzten
Stunden der Annäherung an Saturn wird das Raumschiff von der
Schwerkraft des Planeten immer stärker angezogen und dadurch noch
einmal stark beschleunigt. Um vom Planeten eingefangen zu werden, wird
die Raumsonde am 1. Juli 2004 um 4.36 Uhr MESZ mit ihrem Bremsmanöver
beginnen, das genau 96 Minuten dauern wird. Dazu wird das Raumschiff
gedreht, so dass das Haupttriebwerk in Flugrichtung der Raumsonde
weist und seine maximale Bremswirkung entfalten kann. "Durch das
Bremsmanöver wird sich die Geschwindigkeit des Raumschiffs um 2.250
Kilometer pro Stunde verringern. Es ist das kritischste
Missions-Manöver seit dem Start vor fast sieben Jahren", erklärte
Jaumann weiter. "Am Ende dieses Bremsmanövers wird die Sonde von
dem zweitgrößten Planeten des Sonnensystems praktisch eingefangen, und
sie kann Saturn und seine Monde in den nächsten vier Jahren bei 74
Umkreisungen genauestens erforschen. Darauf warten weltweit 260
unmittelbar beteiligte Forscher bereits mit Spannung, darunter auch
einige deutsche Wissenschaftler", fügte er hinzu.
Spannung herrscht auch am Max-Planck-Institut für
Aeronomie (MPAe) in Katlenburg-Lindau (Harz) und am
Max-Planck-Institut für Kernphysik (MPI-K) in
Heidelberg, denn auch dort fiebern Wissenschaftler dem Eintreffen der
Raumsonde am Saturn entgegen. Cassini taucht bereits vor dem Zünden
des Haupttriebwerks in die so genannte Saturnmagnetosphäre ein. Dort
werden die Messinstrumente des MPS und des MPI-K Signale von neutralen
und geladenen Teilchen aufzeichnen. "Wenn der Einschuss in das
Saturnsystem geglückt ist, kann man einen Quantensprung im Verständnis
der Prozesse bei Saturn und seiner Monde, in seiner Magnetosphäre und
im Sonnensystem erwarten", sagt Dr. Andreas Lagg vom MPS.
Vollbremsung im Ringssystem des Saturns
Besonders spannend ist bei diesem Bremsmanöver in den frühen
Morgenstunden des 1. Juli 2004, dass das Raumschiff, von Süden
kommend, durch eine Lücke in den Ringen auf die nördliche Seite der
Ringe stoßen wird. Um die Sonde vor möglichen kleinen Staubteilchen zu
schützen, die in dieser Region erwartet werden, wird das Raumschiff so
gedreht, dass die große Hauptantenne als Schutzschirm fungiert. Die
verbleibende Zeit reicht dann gerade noch aus, mit den Steuerdüsen das
Raumschiff wieder um 180 Grad zu drehen, um in "Bremsstellung" gehen
zu können.
Eingriffe von der Erde sind während dieser kritischen Flugphase nicht
mehr möglich, da ein Funksignal für den Weg vom Saturn zur Erde und
zum Kontrollzentrum der NASA am Jet Propulsion Laboratory in Pasadena
(Kalifornien) 84 Minuten benötigt - alles muss also so klappen, wie es
die Flugingenieure seit vielen Jahren sekundengenau antizipiert
haben. "Wenn alles gut verläuft, wird Cassini-Huygens bereits
vom Saturn als Satellit "eingefangen" sein, bevor uns auf der Erde das
erste Signal vom Start des Bremsmanövers erreicht", erläutert
Jaumann das, was für die beteiligten Wissenschaftler eine äußerste
Nervenanspannung sein wird. "Aber vor allem werden bei dieser
einmaligen Aktion fast permanent wissenschaftliche Daten aufgenommen,
so dass wir vielleicht schon wenige Stunden später die ersten
sensationellen Aufnahmen der Ringe aus unmittelbarer Nähe haben
werden. Und tags darauf fliegt Cassini während des ersten Orbits
bereits in 400.000 Kilometer an Titan vorbei: Da hoffen wir, mit dem
Spektrometer durch die dicke Wolkenschicht auf die Oberfläche des
größten Saturnmondes blicken zu können", fügte Jaumann hinzu.
Im Januar 2005 Landung auf dem größten Saturnmond Titan
Die europäische Landesonde Huygens soll am 25. Dezember 2004 von der Hauptsonde Cassini abgetrennt werden und am 14. Januar 2005 am Fallschirm auf dem größten Saturnmond Titan, der eine dichte Atmosphäre besitzt, niedergehen und ihn dabei genau erforschen.
An Bord von Cassini sind insgesamt zwölf wissenschaftliche Instrumente, weitere sechs Instrumente befinden sich auf Huygens. In Deutschland beteiligen sich an dieser Mission das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), Institute der Max-Planck-Gesellschaft (MPG), mehrere Universitäten sowie die deutsche Raumfahrtindustrie. Die Beteiligten haben eine Vielzahl von Mess-Instrumenten bzw. -Komponenten geliefert oder arbeiten an speziellen Experimenten mit. Der finanzielle Anteil Deutschlands an der Mission beläuft sich auf rund 115 Millionen Euro, die Gesamtkosten der Mission betragen rund 3,3 Milliarden Dollar.
Die Mission, benannt nach dem italienisch-französischen Astronomen
Giovanni Domenico Cassini (1625-1712) und seinem holländischen
Kollegen Christiaan Huygens (1629-1695), wurde 1997 an Bord einer
Titan 4b-Centaur-Rakete von Cape Canaveral/USA aus gestartet. Das
Projekt steht unter der Federführung der Weltraumorganisationen der
USA (NASA) und Europas (ESA).
Weitere Informationen zur Mission Cassini-Huygens und den deutschen
Anteilen:
www.dlr.de/cassini
Siehe auch die Pressemitteilung 4/2004:
Planetensonde "Cassini-Huygens" vor der Ankunft am Saturn.
Ansprechpartner
Max-Planck-Institut für Aeronomie (MPAe)
(ab 1. Juli 2004 neuer Name: Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung)
Dr. Norbert Krupp, Tel: 05556 979-154
Joachim Woch Tel: 05556 979-447
Andreas Lagg Tel: 05556 979-465
Fax: 05556 979-240
presseinfo@mps.mpg.de
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
DLR-Pressestelle
Eduard Müller
Tel.: 02203 601-2805
Fax: 02203 601-3249
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
DLR-Institut für Planetenforschung
Dr. Ralf Jaumann, Tel.: 030 67055-400/-401
Ulrich Köhler, Tel.: 030 67055-215
Fax: 030 67055-402
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