Planeten und Kometen
Die ungleichen Geschwister der Erde
Unsere planetaren Nachbarn unterscheiden sich in vielen Eigenschaften von der Erde. Alle haben eine Atmosphäre, aber ihre Dichte und Zusammensetzung variiert erheblich. Vulkanismus ist auf dem Jupitermond Io viel heftiger als auf der Erde, dagegen endete er auf dem Erdmond vor drei Milliarden Jahren. Flüssiges Wasser, die Voraussetzung für Leben, gab es vermutlich auf der Marsoberfläche, auf der Venus jedoch nicht, während auf dem Jupitermond Europa unter einer Eiskruste wahrscheinlich ein 100 Kilometer tiefer Ozean existiert.
Abb. 1: Es gibt zwei Klassen von Planeten im Sonnensystem, die inneren terrestrischen Planeten Merkur, Venus, Erde (mit dem Mond) und Mars, sowie darunter in kleinerem Maßstab die äußeren Gasplaneten Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun.
Es ist faszinierend, diese Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu erforschen und ihre Ursachen zu ergründen. Warum haben sich auf der Erde lebensfreundliche Bedingungen eingestellt? Wie sind sie zu erhalten? Gibt es Leben auch auf anderen Himmelskörpern? Diese Fragen wollen die Wissenschaftler beantworten.
Abb. 2: "Twin Peaks" am Horizont des Mars-Pathfinder-Landeplatzes. Das Bild wurde mit der Kamera IMP aufgenommen, für die das Institut das Bildaufnahme-System entwickelt und gebaut hat.
Das Institut entwickelt und baut Instrumente für Raummissionen zu den Planeten. Kameras sind auf der Mars Pathfinder Mission (1997) geflogen, werden Anfang 2005 auf der Sonde Huygens die Atmosphäre des Saturnmondes Titan untersuchen und sollen auf Venus Express Winde und Zusammensetzung der Venusatmosphäre erforschen.
Abb. 3 und 4: Künstlerische Darstellung des Abstiegs der Sonde Huygens durch die Atmosphäre des Saturnmondes Titan. Das DISR-Instrument (rechts), dessen Sensorkopf teilweise am Institut gebaut wurde, untersucht spektroskopisch die Atmosphäre und die aus Kohlenwasserstoffen bestehenden Wolken.
Mit Mikrowellen analysieren Forscher Spurenstoffe in den Atmosphären, und ein Infrarot-Spektrometer auf der Sonde SMART-1 soll die chemische Zusammensetzung der Mondoberfläche kartieren.
Abb. 5: Das Infrarot-Spektrometer SIR auf der Raumsonde SMART-1, die den Mond umkreist.
Für die europäische Mission BepiColombo zum Merkur haben erste Vorbereitungen begonnen. Dabei beteiligt sich das Institut unter anderem an einem Laser-Höhenmesser, der die Topographie des Planeten auf den Meter genau kartieren wird.
In aufwendigen Computersimulationen modellieren Forscher sowohl schnelle Strömungen in den Atmosphären als auch langsame Bewegungen im Gesteinsmantel der Planeten. Letztere sind die Ursachen für Oberflächentektonik und Vulkanismus. Dynamomodelle tragen zum Verständnis jener Prozesse bei, die in den flüssigen Kernen der Planeten Magnetfelder erzeugen.
Abb. 6 und 7: Merkur ist der bisher am wenigsten erforschte der inneren Planeten. Er hat einen ungewöhnlich großen Eisenkern, der vermutlich 75 Prozent des Planetendurchmessers einnimmt. Das Institut beteiligt sich an der europäischen Mission BepiColombo (Start 2012) zur Erforschung der Planetenoberfläche und des Planeteninneren.
Die komplexe Struktur magnetischer Feldlinien innerhalb des flüssigen Eisenkerns eines Planeten nach einer Dynamosimulation (rechts).
Kometen und Kleinkörper - Boten aus der Vergangenheit
Kometen könnte man als die Hochstapler unseres Sonnensystems bezeichnen. Während ihre Kerne nur Durchmesser von wenigen Kilometern erreichen, dehnen sich die Schweife bis zu einigen hundert Millionen Kilometern aus und erstrecken sich bisweilen über den gesamten Himmel.
Was macht Kometen für die Forschung so interessant? Die Himmelskörper gelten als "Zeitreisende", die bei der Geburt des Sonnensystems aus der ursprünglichen Materie entstanden sind. Seitdem bevölkern sie die meiste Zeit den Bereich jenseits der Plutobahn und haben sich in der Kälte kaum verändert. Kometenkerne ähneln nach unserer Vorstellung "schmutzigen Schneebällen" aus Eis, Staubkörnern und gefrorenen Gasen. Sie enthalten organische Stoffe - darunter vielleicht auch Grundbausteine des Lebens.
Abb. 8: Komet Hale-Bopp im Jahr 1997 (Kometenstaub in orange, OH+-Schweifionen in blau), aufgenommen durch ein Teleskop des Observatoriums auf dem Pik Terskol, Nord-Kaukasus.
Das Institut hat eine lange Tradition in der Kometenforschung. Ein Höhepunkt war die Entwicklung und der erfolgreiche Betrieb der Kamera auf der ESA-Raumsonde Giotto, die im Jahr 1986 das erste Bild eines Kometenkerns (Halley) lieferte.
Abb. 9: Der etwa 10 Kilometer große Kern des Kometen Halley, beobachtet im Jahr 1986 mit der HMC-Kamera des Instituts auf der Raumsonde GIOTTO.
Eine besondere Herausforderung bedeutete die Entwicklung zahlreicher wissenschaftlicher Instrumente für die ESA-Mission Rosetta, darunter Kameras, chemische Analysegeräte und wesentliche Systemkomponenten für das Landegerät Philae. Rosetta wurde im Jahr 2004 gestartet, soll 2014 in eine Bahn um den Kern des Kometen Churyumov-Gerasimenko einschwenken und nach einigen Monaten Philae auf dessen Oberfläche absetzen.
Abb. 10: Mission Rosetta zum Kometen Churyumov-Gerasimenko. Der Lander Philae wird die Zusammensetzung und Eigenschaften der Kometenoberfläche in situ untersuchen, während der Orbiter den Kometenkern im Schritttempo umkreist und insgesamt charakterisiert.
Neben den Kometen gibt es weitere kleine und mittelgroße Körper im Sonnensystem, insbesondere zwischen den Bahnen von Mars und Jupiter. Die beiden größten Asteroiden, Ceres und Vesta, sind Ziel der NASA-Mission Dawn, für die das Institut die Kameras liefert. Diese kosmischen Brocken sind Überreste aus der Zeit der Planetenbildung und bei diesem Prozess sozusagen auf halbem Weg stehen geblieben. Dawn und Rosetta werden unser Wissen über die Bildung des Sonnensystems entscheidend erweitern.
Abb. 11: Die Raummission Dawn wird die Kleinplaneten Vesta (Durchmesser 500 Kilometer, links) und Ceres (Durchmesser 950 Kilometer, oben rechts) untersuchen. Im Asteroidengürtel ist der Prozess der Planetenbildung durch Kollision und Vereinigung der Ausgangsbausteine nicht zum Abschluss gekommen.
Magnetosphären - Schutzschilde der Planeten
Das Magnetfeld in der Umgebung der Erde und anderer Planeten wird durch den ständig vorbeiströmenden Sonnenwind, einem Fluss energiereicher geladener Teilchen, stark verformt. Es entsteht die so genannte Magnetosphäre eines Planeten - eine Art magnetischer Schutzschild, der den Sonnenwind von der Oberfläche des Planeten fernhält. Nur die Magnetfeldlinien aus der Nähe der Pole des Planeten kommen in nahezu direkten Kontakt mit dem Sonnenwind. Die ansonsten unsichtbare Magnetosphäre wird durch die spektakulären Polarlichter "sichtbar". Magnetosphären zählen zu den größten Objekten in unserem Sonnensystem. Der Durchmesser der Jupitermagnetosphäre zum Beispiel ist etwa zehn Mal größer als der Sonnendurchmesser.
Abb. 12: Künstlerische Darstellung der inneren Jupiter-magnetosphäre mit dem Io-Gastorus und einigen Magnetfeldlinien.
Am besten sind die Prozesse in der Magnetosphäre der Erde bekannt. Mit Instrumenten, die am Institut entwickelt und gebaut wurden, werden auf Satelliten wie Polar, Geotail, Wind und Cluster Ionen und Elektronen gemessen, die wichtige Informationen über Prozesse in der Magnetosphäre sammeln. Da Satellitenmessungen immer nur Stichproben an einem Ort liefern, arbeiten Wissenschaftler am Institut zusätzlich mit Computersimulationen, um die Kette physikalischer Prozesse und ihrer Wirkungen aufzulösen.
Abb. 13: Schematischer Aufbau der Erdmagnetosphäre. Der Sonnenwind verformt das Erdmagnetfeld und bildet so den Magnetosphärenschweif, der mehrere 100000 Kilometer weit in den interplanetaren Raum hinaus reicht. Angedeutet sind die wichtigsten Forschungssatelliten SOHO, Wind, Cluster, Polar, Geotail, die die Umgebung der Erde inklusive der Magnetosphäre mit ihren Instrumenten studieren.
Das Institut ist ebenso an der Erforschung der Magnetosphären anderer Planeten beteiligt. Die Auswertung der Daten von Galileo, die von 1995 bis 2003 als erste Raumsonde den Jupiter umkreiste, steht hierbei im Mittelpunkt. Die Bewegung der Ionen im Jupitersystem ließ sich erstmals mit einem am Institut mitentwickelten Instrument großskalig bestimmen.
Abb. 14: Künstlerische Darstellung von Magnetfeldlinien und Polarlicht in der Jupitermagnetosphäre. Im Vordergrund ist ein beobachtetes Bild des Polarlichts auf Jupiter gezeigt, aufgenommen mit dem Hubble-Weltraumteleskop.
Seit Sommer 2004 untersucht die Raumsonde Cassini den Ringplaneten Saturn; der komplexe Teilchenanalysator MIMI/LEMMS des Instituts soll dabei die Verteilungen geladener Teilchen messen und mit den Jupiterdaten vergleichbar machen. Bei zukünftigen Missionen, wie BepiColombo zum Merkur, bei der unter anderem dessen kleine, dynamische Magnetosphäre unter die Lupe genommen werden soll, sind die wissenschaftliche Kompetenz sowie das technische "Know-how" am Institut sehr gefragt.
Abb. 15: Teilchenanalysator MIMI/LEMMS, der am Institut für die Raumsonde Cassini entwickelt und gebaut wurde, um Ionen und Elektronen in der Saturnmagnetosphäre zu messen.
Direktor: Prof. Dr. Ulrich R. Christensen